12. "Du fragst, was wir hier machen? Wir schuften und wir lachen!"

„Ich habe ein Haustier, das zeig ich Dir: Die Staubmaus, die wohnt bei uns im Haus“, reimt Jule    (Foto: M. Ihle)

Bei meiner Freundin Karola ist offensichtlich große Putzaktion. Die Türe ist angelehnt. Als ich unbemerkt hereinkomme, höre ich Staubsauger-Geräusche: Der 10-jährige Lukas saugt und singt: „Ich sauge, ich sauge“ - sieht mich und fährt fort - „da kriegst Du eins aufs Auge“. Und lacht! Er lässt sich bei seiner Staubsauger-Performance gar nicht stören. Er singt nämlich nicht nur, sondern er tanzt auch noch, während er mit dem Staubsauger-Rohr geschickt in alle Ecken fährt und weist in Richtung Badezimmer. Von dort höre ich schon Karola und ihre Tochter Jule kichern. Einen Moment beobachte ich Lukas‘ faszinierende Staubsauger-Choreografie. Pina Bausch wäre begeistert gewesen! Dann zieht mich Jules Stimme in Richtung Badezimmer: „Ich habe ein Haustier - das zeig ich Dir: Die Staubmaus - die wohnt bei uns im Haus“, reimt sie, und klärt mich auf, während sie ein solches „Haustier“ unter dem Badezimmerschrank ausfindig macht, dass heute Putzreim-Tag sei. „Wenn Menschen sich besuchen - dann gibt es Kuchen. Wir brauchen eine Pause - und machen eine Jause.“


Damit sind alle einverstanden: Geschwind ist der Tisch gedeckt. Jule will mir ein Stück Pflaumenkuchen geben. Statt auf dem Teller landet es kopfüber auf der frischen Tischdecke. Schon brechen alle drei wieder in Gelächter aus. „Oh, ein Fleck - auf der Tischdeck‘!“

„Du lässt Deine Kinder schuften und trotzdem ist es bei Euch immer so lustig?“ wundere ich mich, an Karola gewandt. „Warum lacht Ihr denn, wenn ein Fleck auf der Tischdecke ist?“, füge ich hinzu, obwohl sie mich längst mit Lachen angesteckt haben. „Das war doch irgendwie lustig, wie der Pflaumenkuchen da gepurzelt ist“, sind sich die Kinder einig. Und prusten noch einmal los. „Ist es bei uns denn besonders lustig? Lustiger als in anderen Familien?“ fragt Karola, als sie wieder zu Atem gekommen ist.

„Ich finde schon“, sage ich und bin froh, dass inzwischen der Kuchentransport auf meinen Teller geglückt ist. „Ich kenne sonst keine Familie, in der die Mutter lacht, wenn die Kinder den Kuchen auf die Tischdecke werfen“. Das bringt die Kinder schon wieder zum Lachen.

„Du scheinst Recht zu haben – aber warum ist das so? Darüber habe ich noch nie nachgedacht“, wird Karola nun nachdenklich. Die alberne Stimmung wechselt und auch die Kinder denken nach. „Ehrlich gesagt“, hebt Jule an und muss erst einmal den Kuchen in ihrem Mund runterschlucken „finden wir es nicht immer lustig, wenn wir uns mit Freunden treffen wollen und die Mama sagt dann, dass wir erst putzen müssen.“ „Erst verdirbt das einem die Laune. Wir wollten nämlich eigentlich Inliner-Fahren,“ fügt ihr Bruder hinzu, „aber wenn man dann zusammen an der Arbeit ist und weiß, dass jeder seinen Teil beiträgt, dann macht es meistens sogar Spaß. Wenn wir dann zusammen alles geschafft haben, ist das ein richtig gutes Gefühl.“ „Ja, vielleicht so wie auf einem Schiff, auf dem alle zusammen helfen müssen, damit man im Sturm nicht untergeht“, überlegt Jule, die mit der Klasse auf einem Segeltörn war. „Guter Vergleich!“ finde ich. „Ihr trotzt zusammen den Stürmen des Alltags, wie eine Mannschaft auf einem Schiff – und das stärkt Euren Zusammenhalt.“

„Ja, stell Dir vor, ich würde hier alleine putzen, und die kids säßen währenddessen am PC. Dann wäre ich nicht so guter Laune“, ergänzt Karola und fährt fort: „Stärkt das nicht immer Beziehungen, egal ob Partnerschaft, Familie oder Gruppe, wenn es eine gemeinsame Aufgabe gibt?“ „Und wer sich gut miteinander fühlt, der ist auch lustig“, fasst Lukas das Gespräch zusammen, während er sich das letzte Stück seines Kuchens in den Mund schiebt.

„Ja, sehr lustig und gemeinschaftsfördernd, wenn Du mir eins aufs Auge geben willst“, muss ich nun doch noch mal – schmunzelnd - auf seine „Begrüßung“ zurückkommen. Das löst wieder Gelächter aus. Und nach Karolas scherzhaftem Tadel haben die Kinder schnell einen neuen Reim gefunden: „Du fragst, was wir hier machen? - Wir schuften und wir lachen.“

„Dürfen wir jetzt aufstehen, fertig putzen und dann zur Halfpipe?“

Beate Allmenröder